Kirche Jeizinen

Die alte Kapelle in Jeizinen

Die Kapelle stammt in ihren Anfängen wohl aus der Mitte des 17. Jahr­hunderts; denn im Visitazakt des Jahres 1634 ist sie noch nicht erwähnt. Hingegen gelobt die Bauernzunft von Jei­zinen im Jahre 1674, daß man im Brachmonat in der Ge­mein­de ein Amt halten wolle, sofern man einen Geist­lichen finde.
Bei der Visitation von Bischof Johann Josef Blatter im Jahre 1736 wird die Kapelle zum erstenmal genannt. Der Dorf­brand von 1793 äscherte auch das Gotteshaus ein; darum trägt der Bal­ken über dem Emporeeingang die Baujahrzahl 1795. Das Schiff ist ohne Tonnengewölbe und zeigt das Ge­bälk des Gibel­ab­schlus­ses. Das Chor hingegen hat stei­ner­nes Kreuz­ge­wölb. Da­rin paßt sich ein sehr schöner Altar aus der Zeit des Hoch­ba­rock mit meisterhaftem Sockelrelief ein. Der gesamte Altar ist ein Werk des ältern Sigristen aus Glis. Das frühere Rosen­kranz­bild, für die Altarnische zu schmal und zu lang, wurde durch das jetzige Kunstwerk der Madonna mit dem Jesuskind ersetzt. Der Tabernakel ist sehr wahr­scheinlich einem andern Barock­al­tar entnommen. Unter dem Chorgitter zieht sich ein an­ge­­brann­­ter Balken durch. Dies alles stützt die Erzählung unserer älte­sten Bürger (Johann Martig, Weibel), wo­nach bloß das Holz­werk der alten Ka­pelle verbrannte. Der jetzige Altar stamme von Turtmann und das Kreuz­gewölbe sei den Massen des Al­tars angepaßt. Die Kapellenmauern wären also noch die Über­reste der «alten» Jeizikapelle.

(Entnommen aus dem Artikel «Die Gotteshäuser von Gampel» v. Alb. Schnyder, Prof., aus der Chronik der Gemeinde Gampel.)

Die neue Kirche «Geburt Mariens» zu Jeizinen

Die alte Kapelle hat ihren Dienst getan. Mit der Zeit wurde sie zu klein und baufällig; Das neue Gotteshaus will ein Denkmal sein, daß Glaube und Vätersitte sich nicht gewandelt seit zir­ka 230 Jahren, wo das erste Heiligtum in Jeizinen gebaut wur­de.
Dreimal erlebte die Pfarrgemeinde St. Theodul, Gampel, bis­her eine Kir­chen­weihe: 1442, 1736, 1885. Mit der vierten Kirch­wei­he in Jeizinen am 29. Juni 1966 wird wiederum viel Planen, Ar­bei­ten, Sorgen, Opfern, Beten und Sichgedulden be­lohnt.
Nach gut einjähriger Bauzeit konnte das Gotteshaus vollendet werden. An Herrn Architekten Werlen Andre aus Brig ward mit dem Kirchenbau eine nicht leichte, aber schöne Aufgabe ge­stellt. Die Bauleitung wurde an Ar­chi­tekt A. Zengaffinen über­tragen. Erste Aufgabe des neuen Kir­chen­bau’s ist es, die enge Scharung der im Gottesdienst vereinten Gläubigen um das li­tur­gische Zentrum, den Altar, zu ermöglichen und die aktive Zu- und Einordnung aller Gottesdienstbesucher zum kultischen Geschehen zu er­wirken. Der Priester soll in Wort und Handlung als Stellvertreter Christi vom Architekturraum würdig heraus­ge­ho­ben werden. Er muß in eine enge Zwie­spra­che mit der fei­ern­den Gemeinde gesetzt werden. Der Kir­chen­raum des neuen Got­tes­hauses, welcher von zwei Sei­ten­flächen abge­grenzt ist, weist durch klare Flächen- und Lini­en­führung auf die geistige und re­ale Mitte des Opfer­ge­sche­hens hin. Der Zug zum auf­stre­ben­den, zum wirk­lich von un­ten nach oben und umgekehrt über-dachenden und all­seitig nach außen Abschirmenden ist durch die Form eines großen Zeltes gelöst, das sich über der Chor­mitte nach oben auflöst. Da die Sei­ten­flächen relativ niedrig ge­halten und durch die bei­den kleinen Fenster­rei­hen nur wenig Licht bis tief in den Raum vordringt, wurde eine zusätzliche na­tür­liche Lichtquelle im Chor notwendig‚ welche die Rückwand mit einer strah­len­den Lichtflut begießt.
Die Proportion von Altar- und Gemeinderaum ist gewahrt und damit die Einheit der Opfergemeinschaft ermöglicht. Der Kir­chen­­­raum ist vom Altar aus gestaltet. Es gibt keine hin­dern­den Stützen, keine Abschrankung, kei­ne Altarstufen. Der letzte Gläu­­bige in der Kirche kann die heilige Opfer­fei­er mit­sehen, mit­hören, miterleben, mitvollziehen. Der Blockaltar aus weis­sem Muschelkalk mit dem bronzenen Kreuz bildet die Mit­te. Die bei­den weitern Schwerpunkte des Chors bilden Ambo und Taber­nakel, die so ge­baut wurden, daß sie von über­all ge­sehen wer­den können. Der Ambo mit den Sedia ist ent­sprech­end der neu­en Liturgiekonstitution «der Tisch des Got­tes­wortes». Der Ta­ber­­nakel ist rechts vom Altar in einen Kalk­stein der Rück­wand ein­­gebaut, der die Rolle eines Sakra­ments­­häuschen über­nimmt. Die Türe des Tabernakels wirkt als Bronzerelief als aus­druck­star­kes Sym­bol der eucha­ri­sti­schen Gegenwart und weist auf ei­ne Textstelle im 80. Psalm hin. «Er nährte sie mit dem Mar­ke von Weizen und mit Honig aus dem Felsen labte er sie.» Der Einheit des Kirchenraums dient auch das Wandgemälde mit den zwei Themata: Mensch­werdung und Erlösung. Ebenso nüch­­tern und einfach ist die Wirkung des Kreuzweges im Kir­chen­raum. Die Raumgestaltung der Kirche ruft zur Einheit und Einfachheit un­seres christlichen Werktagslebens. Die Voll­en­dung des­sel­ben ist ange­deu­tet in der Darstellung der Ver­klä­rung und He­rab­kunft des Heiligen Geistes auf dem Wand­ge­mälde.
Im Kirchenraum wurde alles erhalten, was der Er­hal­tung aus der alten Kapelle würdig war. Der schmucke Barock­altar mit der Mut­ter­gottesstatue hat an der Rück­wand des Kirchenschiffes einen würdigen Platz gefunden.
Über dem dreieckigen Grundriß wölbt sich ein ein­fach­es Eternit­dach, das in seiner Form an die schlichten Häu­ser und Scheunen­dächer des Dorfes erinnert.
Neben der Eingangspartie als offene Halle mit Gedenk­platte der Bau-Urkunde des Gotteshauses und Weih­was­ser­beckens befindet sich die kleine Sängerempore, die et­was aus dem eigentlichen in­nern Kirchenraum zu­rück­weicht. Das Äußere fügt sich harmonisch in das rauhe Land­schaftsbild. Schlicht und unaufdringlich liegt die Kir­che mit ihrem himmelanstrebenden Turm mit drei neuen ge­stif­teten Glocken auf der Anhöhe über dem Dorfe Jei­zi­nen, klar und eindeutig, wie die Haltung des chris­tli­chen Menschen sein soll.
Zum Schluß dieser Zeilen sei Dank und Lob gesagt un­serm güti­gen und allmächtigen Vater, der den Bau vor schweren Unfällen be­wahrte, der in finanziellen An­lie­gen sichtbar geholfen, der uns wür­digte, ihm eine Woh­nung inmitten unserer Wohnungen zu bauen, wo er uns Leben, Licht, Kraft und Heilung schenken will. Dann sei herzlich gedankt im Namen unserer Pfarr­fa­mi­lie Gottes Stell­ver­tre­­ter, unserm Bischof, Dr. Nestor Adam, der im Namen Gottes Be­sitz ergreift vom Neu­bau und ihn als Kirche weiht, uns ein neues ge­mein­sames Vaterhaus gibt, uns eine eigene Opferstätte schenkt, eine Pforte des Himmels verschafft. Mit der Wei­he setzt er allen Arbeiten, Plänen, Opfern und Ga­ben der Pfarrfamilie und Wohltätern die Krone auf. Einen besondern Dank schicken wir der hoch­herzigen Wohltäterin des Gotteshauses, Frl. Maria Hild­brand, in die Ewigkeit, deren offene Hand den Bau der Kirche er­mög­lich­te. Ein herzliches Vergelt’s Gott der löbl. Ge­mein­de- und Burger­ver­waltung, die großzügig für den Kirchenbau den Boden ab­ge­tre­ten und jeden Material­transport übernommen hat. Schließlich sei ein letzter Dank auch öffentlich ausgesprochen unserm Herrn Ar­chi­­­tekten, unserm Bauführer, allen Unternehmern und Arbeitern, jedem Angehörigen der Pfarrfamilie‚ je­dem «kleinen Mann» und jeder «armen Witwe». Kurz: jedem guten Herzen hier und auswärts unser dank­schul­diges «Gott vergelt’s!»

Der Kirchweihtag möge ein Tag des reichen Gottes­se­gens werden, der uns und den kommenden Ge­ne­ra­tio­nen einen tatkräftigen Glau­ben und eine echte Liebe er­halten wolle!

6. Juni.1966                        Mathieu Heinrich, Pfarrer

(Kirchweihe Jeizinen 29. Juni 1966; aus der Spezialnummer des Pfarr­blattes St. Theodul Gampel)

Artikel aktualisiert am 16 Juli 2024